Seminar für Volkskunde/Kulturgeschichte der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Eine transnationale Emotionsgeschichte des Alterns: Fürsorgegemeinschaften bosniakischer Frauen zwischen Deutschland und Bosnien-Herzegowina
Im April 2022 hat Snežana Stanković die Arbeit an dem von Prof. Dr. Anja Laukötter geleiteten Forschungsprojekt aufgenommen. Sie untersucht am Beispiel der bosniakischen Community in Deutschland und ihrer Verwandtschaftsnetzwerke in Bosnien-Herzegowina Altern als transnationales Phänomen. Hierbei soll eine interdisziplinäre Perspektive eingenommen werden, die Ansätze der Kulturanthropologie, Soziologie und Emotionsgeschichte vereint. Die Untersuchung, die als einjährige Vorstudie für ein größeres Forschungsprojekt konzipiert ist, wird drei zeitliche Schwerpunkte setzen: die Periode des Bosnienkrieges, die Phase unmittelbar nach dem 1995 geschlossenen Daytoner Friedensvertrag sowie den Zeitraum von der sogenannten „Flüchtlingskrise“ 2015 bis heute.
Im Mittelpunkt stehen Verflechtungen zwischen ausgewanderten und im Heimatland verbliebenen female communities. Somit sollen Frauen in den Blick genommen werden, die trotz räumlicher Trennung durch familiäre, nachbarschaftliche und institutionelle Netzwerke weiterhin in Verbindung stehen. Dabei wird diskutiert, wie geteilte Erinnerungen an Krieg, Gewalt und Flucht, aber auch Erfahrungen von Prekarität diese Gemeinschaften emotional stabilisieren und Fürsorgehandeln prägen. Ziel ist es zu verstehen, wie individuelle und geteilte Gefühlspraktiken und Solidaritätsnetzwerke unterschiedliche Transferdynamiken ermöglichen, formen und situativ intensivieren. Hierdurch soll ein bisher kaum beachteter Aspekt des Alterns in migrantischen Gesellschaften für die Forschung erschlossen werden.
Die Fotografien zeigen die Ausstellung „1000 Tücher gegen das Vergessen“ in Berlin 2017. Diese basiert auf therapeutisch-künstlerischer Arbeit, konzipiert von der Künstlerin Anna Brägger. Frauen, die größtenteils aus Bosnien flüchteten, bestickten mehr als tausend Taschentücher mit den Namen der Kriegsopfer im ehemaligen Jugoslawien. Durch diese Erinnerungsarbeit entstand das 47-Meter lange Werk – „Rola sjećanja“ (Rolle des Gedenkens).
Projektleiterin: Anja Laukötter
Projektbearbeiterin: Snežana Stanković