Seminar für Volkskunde/Kulturgeschichte der Friedrich-Schiller-Universität Jena

SPIELEND! Ein Projektseminar zur Geschichte von Kinderspielen in Thüringen

(Kinder-)Spiele haben sich historisch entwickelt, entstehen neu oder verschwinden mit der Zeit. Sie sind einem ständigen Wandel unterworfen und ihre Geschichte ist ein Stück Alltags- und Kulturgeschichte. Wie schwer es fallen kann, undefinierte Zeit mit Kindern spielend auszufüllen, zeigte sich während der Corona-Pandemie, als Social Distancing und andere Hygienemaßnahmen auch den Wegfall von Spielmöglichkeiten bedeuteten. Dies, sowie mehrere Hundert historischer Fragebögen aus den 1930er-Jahren im Besitz des Seminars für Volkskunde/Kulturgeschichte lieferten 2020/21 den Impuls zu einem Projektseminar des forschenden Lernens: Studierende der Volkskunde/Kulturgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena befassten sich aus diesem Anlass heraus mit der Geschichte von Kinderspielen in Thüringen. Dahinter verbirgt sich auch eine Geschichte der Kindheit, der Erziehung und des Körpers.

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Volkskundliche Erhebungen im Nationalsozialismus: In Kooperation mit dem Nationalsozialistischen Lehrerbund führte die 1933 unter dem Dach der Universität Jena gegründeten Landesstelle für Volkskunde 1939 Befragungen zu „Geburt und Kindheit“ durch.
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Ziel des zweisemestrigen Projektseminars 2020/21 war die Erarbeitung einer Ausstellung der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

In den 1930er-Jahren wurde mithilfe von Fragebögen in Orten in ganz Thüringen nach bekannten Kinderspielen, wie Zählreimen, Sing- und Hüpfspielen, gefragt. Hierfür arbeitete die damalige Landesstelle für Thüringer Volkskunde in Jena mit dem Nationalsozialistischen Lehrerbund zusammen. Diese umfangreichen Erhebungsbögen zu den Aspekten „Geburt und Kindheit“ aus dem Jahre 1939 dienten als Hauptquellen. Sie sind nicht nur für die Spiel- und Regionalforschung von großer Bedeutung, sondern liefern aufgrund ihres „volkserzieherischen“ Anliegens ebenso wertvolles Material zur Wissenschaftsgeschichte unseres Faches im Nationalsozialismus. Meist handschriftlich (oft in Sütterlin) von den befragten Lehrern, seltener auch von Hebammen oder Lehrerinnen ausgefüllt und mitunter durch Zeichnungen ergänzt, bieten sie einen außergewöhnlich lebendigen Einblick in die damalige Spiel- und Alltagswelt, Erziehung und Kindheit in Thüringen während der Zeit des Nationalsozialismus.

Ziel des Projektes war die Konzeption und Durchführung einer Ausstellung, welche im August 2021 im Ausstellungskabinett des Universitätshauptgebäudes der FSU Jena besichtigt werden konnte. Ausstellungstafeln und interaktive Elemente führten in den Kontext des Spiels, Kindheit und die Zeit um 1939 ein und wurden durch Objektleihgaben aus verschiedenen Thüringer Museen ergänzt. Neben dem regionalen Bezug zu Thüringen, wurden auch die Relevanz der Aufarbeitung von Quellenmaterial und die volkskundliche Arbeitsweise sowie Wissenschaftsgeschichte anschaulich präsentiert und verständlich gemacht.

Die Ausstellung wurde digitalisiert und ist virtuell begehbar. Auf seinem Blog „Spielend“ dokumentierte das Projektteam seine Arbeit und gibt Einblicke in den Entwicklungsprozess der Ausstellung.

Die Schau „Spielend. Zur Geschichte von Kinderspielen in Thüringen“ wurde im August im Ausstellungskabinett der Jenaer Universität eröffnet.
„Spielend“: Murmeln, Kreisel – Zufall und Regeln formen Kinderspiele.

Informationen:

Leitung des Projektseminars: Julia Pfeiffer

Teilnehmende: Tabea Eidam, Franka Grimlitza, Elise Bankwitz

Projektlaufzeit: November 2020 – August 2021

Projektseite mit Blog: https://spielend.wordpress.com/

Virtueller Ausstellungsraum: https://www.rooom.com/360-view/Jq7C9jfWMm5

Projekt auf der Homepage des Seminars: https://www.kuk.uni-jena.de/seminar+f%C3%BCr+volkskunde_kulturgeschichte/neuigkeiten